Die intelligente
verlängerte Werkbank

Entwicklungsdienstleister
für die maritime Wirtschaft

Marinom verhilft Reedereien, Werften, Hafenbetriebsgesellschaften und maritimen Dienstleistern mithilfe von autonomen Systemen zu mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit. Die Idee zur Unternehmensgründung hatte Arne Kraft schon länger. Nach 14 Jahren bei Atlas Elektronik in Bremen und der Zusammenarbeit mit Konzernen wie Thyssen Krupp Marine Systems wusste er, dass es spannende Technologieansätze gibt, die nicht vorangetrieben werden, weil das unternehmerische Risiko gescheut wird, sich mit komplexen Fragestellungen wie Autonomie und KI auseinanderzusetzen.

v.l.n.r. Dr. Alexander Jeschke und Dr. Arne Kraft, Gründer und Geschäftsführer bei Marinom GmbH
v.l.n.r. Dr. Alexander Jeschke und Dr. Arne Kraft, Gründer und Geschäftsführer bei Marinom GmbH

„Dazu braucht man ein zehnköpfiges Team, das aber womöglich nicht durchgehend beschäftigt ist“, berichtet der promovierte Physiker. Im Februar 2020 sprach er mit Patentanwalt Alexander Jeschke, den er in seiner Zeit als Post-Doc an der International University Bremen (inzwischen Constructor University) kennengelernt hatte, nicht zum ersten Mal darüber, gemeinsam etwas zu machen.

Ihre Idee: ein Dienstleister, der Produkte für Firmen entwickelt, die nicht selbst investieren wollen. Dazu Spezialisten für Software, KI und Autonomie, die nicht nur forschen wollen, sondern Produkte in den Umlauf bringen. Und das niedrigschwellig, sodass man bei einem Projekt zunächst mit einen sogenannten Demonstrator starten kann. Die gesamten IP-Rechte, also Rechte am geistigen Eigentum, sollten bei den Kunden liegen – das zu gründende Unternehmen als verlängerte intelligente Werkbank.

Wenige Tage später sagte Jeschke zu. Ein Freund hatte bereits einen Dienstleister für die Automobilindustrie gegründet, wo das Gang und Gäbe ist. Nach einem kurzen Gespräch zu dritt war klar, dass das Konzept auch für die maritime Wirtschaft übertragbar sein müsste.

Gründung in Bremen

Allerdings brauchten sie einen Investor, um ihre Firma ordentlich aufzubauen. „Vielleicht waren wir für die Garage oder den Dachboden auch einfach schon zu alt“, schmunzelt Kraft. Tatsächlich fand Jeschkes Freund die Idee so toll, dass er einsteigen wollte, ebenso wie das Land Niedersachsen. „Als wir mit dem Land Bremen und dann der Bremer Aufbaubank sprachen, wollten sie aber unbedingt, dass wir hier in Bremen mit seinen Universitäten und Werften gründen, wo Jeschke auch bereits als Patentanwalt tätig war“, erinnert sich Kraft.

Im November 2020 gründeten sie Marinom. Und dann ging alles schnell: „Im April 2021 beteiligte sich die BAB, im Mai 2021 bezogen wir Räumlichkeiten und statteten ein Sekretariat aus“, so Kraft. „Ende 2021 waren wir bereits zu fünft, ein Jahr später zu zehnt und nach weiteren zwölf Monaten 20 Mitarbeiter, und jetzt sind wir mit unseren 40 Mitarbeitern, darunter sieben Frauen, hier im Technologiepark schon ein KMU.“

Im Labor bei Marinom
Im Labor bei Marinom

Zum Team zählen selbst ausgebildete Software-Anwendungsentwickler und duale Informatik-Studenten, ebenso mehrere promovierte Physiker, Mathematiker und Informatiker, von denen ein Teil bundesweit aus dem Home Office arbeitet. Bereits anderthalb Jahre nach Gründung habe Marinom schwarze Zahlen geschrieben, die Auftragslage sei gut. Jeschke und Kraft halten jeweils 40 Prozent der Anteile, 20 Prozent die Bremer Aufbaubank. Jeschke kümmert sich um die Themen Verwaltung und digitale Abläufe, Kraft verantwortet Technik und Vertrieb.

Die beiden größten Herausforderungen bisher beruhten auf Verständnis. „Anfangs trauten uns potenzielle Kunden und Investoren nicht zu, dass wir ein qualifiziertes Team aufbauen“, so Kraft- „Zum anderen mussten die Kunden erst den wahren Mehrwert unserer Dienstleistung erkennen.“

Ihre Aufträge betreffen den Einsatz von KI, Software, Signal- und Datenverarbeitung sowie die Automatisierung von Systemen. Gemeinsam mit oder im Auftrag ihrer Kunden entwickeln sie, teils gemeinsam mit Universitäten, Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen, Lösungen, zum Beispiel für Wasserfahrzeuge, die über oder unter der Wasseroberfläche autonom agieren.

Ein Beispiel ist „Moin“, ein Akronym für die Modellregion Industriemathematik im Land Bremen, in der technisch hoch anspruchsvolle Themen umgesetzt werden, die auch Mathematik brauchen. „Im Rahmen eines Projekts automatisieren wir bestehende Schiffe durch den gezielten Einsatz moderner Sensorik – Kameras, LiDAR und Radar – zur präzisen Umfelderkennung“, so Kraft

Das System warnt den Kapitän beispielsweise bei Hindernissen und schlägt alternative Routen vor. „Bei Revierfahrten auf Schleppern, etwa zwischen Wilhelmshaven und Brake, übernehmen wir teilweise die Steuerungstechnik, während erfahrene Experten weiterhin den Überblick behalten“, erläutert Kraft.

Vertrauen und Regeln

Autonomes Fahren in der maritimen Branche sei technologisch nahezu ausgereift. „Entscheidend ist jetzt, Vertrauen und klare Regularien zu schaffen, denn Autonomie bedeutet nicht besatzungsfrei zu operieren. Stattdessen sollen remote unterstützte Systeme Kapitäne entlasten, während immer ein Mensch zur Sicherheit eingreift.“

Zwar gibt es viele Firmen, die sich mit dem Thema Autonomie und Automatisierung an sich auseinandersetzen. „Unser Ansatz ist jedoch neutral“, sagt Kraft. „Wir zeigen, dass Autonomie auch mit einfachen Mitteln funktioniert, und beraten individuell – je nach Schiffstyp empfehlen wir Systemkomponenten, ohne uns auf ein einzelnes Produkt festzulegen.“ Abgedeckt werden dabei alle Projektphasen – von Beratung, Planung und Auslegung über Umsetzung bis hin zum kompletten Projektmanagement. Die Projekte werden stets gemeinsam mit den Kunden umgesetzt und schrittweise Automatisierungen bestehender Systeme realisiert. Bei Kundenprojekten steht bei Marinom Vertraulichkeit an oberster Stelle. „Ich kann nur sagen, dass es um die Softwareentwicklung für die Elektronikindustrie geht, an denen mit acht- bis zehnköpfigen Teams gearbeitet wird“, so Kraft.

Sprechen darf er aber über geförderte Projekte wie die Fähre „Schuppi“, mit der das autonome Übersetzen von Radfahrern im Bremerhavener Fischereihafen getestet wird. „Hier haben wir, inklusive Unterauftrag an die Rönner Werft, die Auslegung und Steuerung vollständig übernommen und das Projekt erfolgreich mitgesteuert“, unterstreicht Kraft. „Die Fähre haben wir in sechs Monaten mit der Lloyd-Werft und dem Start-up Green Fuels zusammengebaut.“

Sehr gut sei die Zusammenarbeit mit bremenports beim Projekt „Schuppi“ gewesen. „Wir durften ihre Boote mit Sensorik ausstatten, um diese während ihrer Kontrollfahrten zu testen, ohne eigene Schiffe zu benötigen.“ Eigens für die neue Fähre im Fischereihafen Bremerhaven habe bremenports zwei Anlegestellen errichtet. Ein Mitarbeiter begleitete die erste Überfahrt persönlich.

Die autonome Fähre "Schuppi" in Aktion, v.l.n.r. Andreas Wellbrock, Klaus Bartels, Anis Kammoun
Die autonome Fähre "Schuppi" in Aktion, v.l.n.r. Andreas Wellbrock, Klaus Bartels, Anis Kammoun






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